(aus der Quartierzeitung  “Zürich 2” 4. Oktober 2018, S. 3)

Der Quartierverein Selnau-City ist mit seiner Gründung 1878 der älteste Quartierverein Zürichs. Trotzdem ist seine offizielle Anerkennung mager. Nun hofft er  – nach der Leistungsüberprüfung durch die Stadt – auf bessere Integration.

Der Quartierverein Selnau-City hat eine bewegte Geschichte. Geografisch umfasst er das Gebiet des historischen Selnauquartiers zwischen Sihlhölzli- und Brandschenke- bis hin zur Bahnhofstrasse. Von 1256 bis 1525 stand in der Nähe des heutigen Bahnhofs Selnau ein Frauenkloster, das im Zuge der Reformation zerstört wurde. Bis 1767 geblieben ist ein Siechenhaus, das als Spital funktionierte. 1877 erfolgte die Gründung des Quartiervereins, übrigens elf Jahre vor der Gründung des Quartiervereins Rennweg. Quartiervereine wie jene von Wollishofen oder Enge wurden erst nach der Eingemeindung von 1893 gegründet. Trotzdem bereitete es den offiziell 25 Quartiervereinen bisher Mühe, jenen von Selnau-City zu anerkennen.

«Helmuth Werner war dagegen»

Die langjährige Quartiervereins Vizepräsidentin Eliane Menghetti: «Wir sind nicht aktiv in die Prozesse mit den Quartiervereinen eingebunden. Wenn wir nicht selber Initiative ergreifen, vergisst man uns», keine Information, kein Einbezug in Projekte, keine Anhörungen etc. Auf Anregung des damaligen Stadtzürcher Kulturchefs Jean-Pierre Hoby habe man 1999 ein Aufnahmegesuch in die Konferenz der Quartiervereine von Zürich gestellt. Menghetti: «Dieses wurde nach einigem Hin und Her zwischen uns und dem damaligen Präsidenten der Konferenz, Helmuth Werner, sowie Peter Keck vom Quartierverein Rennweg abgelehnt, sodass es nie zur Abstimmung in der Generalversammlung der Konferenz kam.» Laut Menghetti gab es dagegen keine Rechtsmittel; «wir haben in der Folge noch mit den Stadtpräsidenten Estermann und Ledergerber ergebnislos darüber diskutiert».

Nun hofft Menghetti auf den von der Stadt Zürich angestossenen Überprüfungsprozess der Quartiervereine (siehe «Züriberg»-Artikel vom 27. September). Man begrüsse den Prozess und jede Art von besseren Partizipationsrechten. Menghetti: «Es leiden einige Quartiere unter denselben Problemen, sodass man diese gemeinsam lösen oder Lösungen von der Stadt verlangen könnte. Die Stadt ist teilweise so eng zusammengewachsen, dass die Quartiergrenzen teilweise nur noch ‹ideellen› Charakter haben.» Für Menghetti ist es zudem nötig, dass die «Stadtverwaltung direkter mit den Quartierbewohnern kommuniziert (zum Beispiel via Anhörungen oder Vernehmlassungen bei wesentlichen Projekten), die Quartiere örtlich besser kennt und auch ihre Anliegen ernst nimmt». Als Paradebeispiel bringt Menghetti den laut ihr «gänzlich misslungenen Entscheides bei der Bewilligung für eine Bar in der neuen Börse». Menghetti: «Es hat uns damals doch sehr erstaunt, wie die zuständige Behörde aber auch die zuständigen Stadträte keine Kenntnisse von der Situation im Quartier hatten, etwa meinten, kein Mensch wohne hier.»

Menghetti schwebt vor, dass es in Zürich beispielsweise eine offizielle Kreisvertretung gibt anstatt der privatrechtlich organisierten, ehrenamtlichen Quartiervereine – in Anlehnung an die Bezirksvorsteher in Wien, damit quartierpolitische Prozesse institutionalisiert werden.

«Wir wollen dabei sein»

Dies wäre durchaus ein Thema für die kommenden Diskussionen. Dazu wird es zwei Grossgruppenkonferenzen mit maximal 150 Personen geben. Wer an die Grossgruppenkonferenzen eingeladen wird, entscheidet die ungefähr 15-köpfige Spur- und Entwicklungsgruppe. Diese Gruppe wird von der Stadt zusammengestellt. Sie soll zu je einem Drittel aus Vertretern der Quartiervereine, von quartiervereinsähnlichen Organisationen und der Stadtverwaltung bestehen. Für Eliane Menghetti ist klar: «Wir wollen möglichst aktiv am Prozess teilnehmen».